Das Jahresende feiern
Wir feiern Advent und Weihnachten, wir feiern Samhain und Halloween … und einige feiern auch die Raunächte.
Gleich hier will ich das Wort „feiern“ so weit fassen, dass damit nicht reiche Gabentische und ein gemächliches Unterhaltungsprogramm gemeint sind. Vielmehr verstehe ich „feiern“ hier als ein bewusstes, von Andacht getragenes Erleben der Zeit, in der das Leben in der Natur fast zum Stillstand kommt, die Sonne sich selten zeigt, die Kälte bis an die Wurzeln dringt.
Andacht – das ist das Schlüsselwort – eine Haltung, die unsere Seele braucht, wie unsere Lunge die Luft zum Atmen. Andacht – das Innehalten, das Erblicken, das bewusste Empfinden – erfordert Langsamkeit und Stille und … Liebe.
Die Winterzeit steht im Jahreszyklus der überbordenden Geschäftigkeit und Fülle des Mittsommers gegenüber. In dieser Zeit wird die Fülle nicht einfach durch Tätigkeit durchgeleitet, sondern sie reichert sich in Körper, Geist und Seele an: Zu Schlacken und unruhigen Gedanken einerseits – zu inneren Bildern und Visionen für das Kommende andererseits. Um Raum für diese Innenwelten zu schaffen, bedarf es zuvor des Ordnens, Reinigens und Loslassens im Herbst. Und das ist jetzt:
So herrscht hier auf Aditi eine letzte, beherzte Geschäftigkeit, um das Ruhen aller Dinge und Wesen so zu gestalten, dass die Überfülle abgeleitet und in den natürlichen Abbau gelenkt wird und der Raum des Überdauerns und Empfangens ganz frei, ganz durchlässig ist.
Im Garten haben wir allen Überschuss – die Reste der reichen Ernte – so verräumt, dass wertvoller Kompost entstehen kann – aber keine Fäulnis, keine Verdichtung.
Im Haus wird täglich geräuchert. Und noch nicht mit den blumenreichen Wohlgerüchen, die für die heilige Zeit vorgesehen sind, sondern mit den kräftigen, reinigenden Kräutern: Wermut, Salbei, Dost. Auch im Haus hier müssen all die Ereignisse des ablaufenden Jahres gelichtet und größtenteils hinausgekehrt werden, damit der Boden frei und bereit für das Neue ist.
Und unseren Körper stellen wir nun um von der Sommerphase, in der wir viel Energie brauchen und über die Feldarbeit durchleiten auf eine Phase des Ruhens und Leerens. Bei all der Aktivität war nicht genug Aufmerksamkeit auf all die kleinen Überreste, die im Körper verblieben sind – physisch und feinstofflich – so dass jetzt mit großer Sorgfalt ein Reinigungs- und Wärmungsvorgang den Körper auf die kommende, passive, dunkle und kühle Zeit vorbereitet. Wir machen das hier, indem wir reichlich Bitterstoffe zu uns nehmen – immer „gewürzt“ mit der Wermutessenz, auf die ich gerade auch richtig „Lust“ habe. Erheblich durchdringender und körperlicher ist der Wermuttee, den ich tatsächlich nur verwende, wenn es arge Schleimthemen gibt. Das ist dann schon sehr bitter. Aber wohltuend ! Auch fermentiertes Gemüse hilft jetzt gut, auszuleiten, zu vitalisieren und Raum zu schaffen.
Wenn es Atmungsthemen gibt, dann denke daran, was ich zu den beiden „Erkältungskräutern“ Salbei und Thymian schrieb: Es ist wichtig, genau hinzusehen und zu unterscheiden, ob der Körper eher zu trocken oder zu feucht (Schleim), ob er eher unterkühlt oder überhitzt ist.
Bei dem „genau hinsehen“, bei der mentalen Klarheit, bewegen wir uns bereits in den nächsten Bereich, den ich ganz bewusst auf die stille Zeit vorbereite. So viele Eindrücke über den Jahreslauf, so viele unbewusste Informationen und Reaktionen, die jetzt der Ordnung und Selektion bedürfen, bevor wir uns zum „Träumen“ in die Raunächte begeben.
Ich hatte über die ordnende und klärende Funktion des „Metallelements“ in der Traditionellen Chinesischen Medizin ja schon viel geschrieben. Es ist genau dieser Jahreszeit zugeordnet – wie auch die Heilkräuter Sonnenhut und Salbei. Daher sind deren Spirits in dieser Zeit gute Begleiter, um das Wichtige vom Unwichtigen zu unterscheiden, um auszusortieren, zu gewichten und einen Standpunkt zu beziehen. Einem Freund, der sich schon seit Monaten in „Wirrnissen“ befindet, habe ich gestern die TCM Box zum Metallelement geschenkt. Für mich selbst, die ich auf geistiger Ebene auch einiges zu verarbeiten und zu ordnen habe, bevorzuge ich, mit nur einer Pflanze ganz konzentriert zu gehen. Und für mich ist es der Sonnenhut, den ich als Spirit bei mir trage und zu mir nehme und mit dessen Blüten ich räuchere.
Er baut für mich auch eine gute Brücke zum vierten Raum, den es vorzubereiten gilt für die Zeit des Empfangens und der Andacht: Zur Seele.
Diesen Raum halte ich für den wichtigsten unter allen, der er ist der Kanal für die Wirklichkeit auf allen anderen Ebenen.
Doch wie ordne ich „Seele“ ? Kann „Seele“ gereinigt werden ?
… jaein, würde ich sagen.
Die Seele IST von Natur aus rein, sie ist das, was wir auch „göttlichen Funken“ oder Asrtalkörper nennen, unsere Nabelschnur zu Gott, zu der größeren Wirklichkeit. Doch bei den allermeisten von uns ist unser bewusster und körperlich empfundener Kontakt zu unserer Seele nicht klar und unmittelbar. Wenn ich also in der Winterzeit meine Seele „reinige“ und vorbereite auf das Empfangen des Neuen, so kümmere ich mich zum einen um die „Entschlackung“ der wahrnehmenden, weiterleitenden Aspekte meines Seins (siehe oben). Andererseits stelle ich die „Kontaktpflege“ zur Seele in dieser Zeit ganz vornan.
Die wichtigste Geste herbei ist die, die ich oben bereits beschrieb:
Andacht – das Innehalten, das Erblicken, das bewusste Empfinden – erfordert Langsamkeit und Stille und … Liebe.
Andacht zu halten bedeutet, bewusst Raum für das Nicht-Denken, Nicht-Tun zu schaffen. Rituale sind hierbei hilfreich ! Ich habe bereits letztes Jahr begonnen, Amulette aus bestimmten Kräutern zu fertigen, die uns in den tätigen Zeiten des Tages an die Andacht erinnern. Sie sind begleitet von Spirits und helfen mir, meine „Antenne“ bewusst wahrzunehmen, in die feineren Ebenen hineinzulauschen und die Informationen der Seele aufzunehmen.
Pflanzen, die hier besonders aktiv sind, sind Schafgarbe und Ysop. Beide helfen uns, die dreidimensionalen Dinge in den Hintergrund zu bringen und die innewohnenden Nachrichten und Gegebenheiten zu vernehmen.
Wenn ich in dieser Weise für Raum, Reinheit und Empfänglichkeit sorge, fühle ich mich gut vorbereitet für die Raunächte. In diesen Nächten zwischen Sonnenwende ( am 21.12., die längste Nacht des Jahres, auch „Thomasnacht“) und der Wiedergeburt des Lichtes (Imbolc in der keltisch-germanischen Tradition, Lichtmess in der christlichen Tradition), sagt man, sind die Gesetze der Natur außer Kraft gesetzt und die Übergänge zwischen den Welten offen. Daher ist diese Zeit so wichtig, um Nachrichten aus den sonst nicht so gut zugänglichen Ebenen zu empfangen – vor allem über Träume – und eine von der geistigen Welt getragene Richtung für das Kommende aufzunehmen.
Ich bin gespannt, wie dieser Übergang gelingt. Die Vorbereitungen auf diese Feste sind hier auf Aditi in vollem Gange. Und vielleicht konnte ich Dich ja an der einen oder anderen Stelle inspirieren, auch dein Jahresende zum Fest zu machen.