Ein neues Verständnis von Wohlsein

Eve Rosen

Vergangene Woche war eine zauberhafte Gruppe hier, um mit mir die Grundlagen und Fertigkeiten zur ganzheitlichen Diagnostik und zur Therapie mit Heilpflanzen tiefer zu erforschen. Die kurze Einführung in die Grundlagen der TCM (Traditionelle Chinesische Medizin) mit ihren Fünf Wandlungsphasen gibt ein wunderbares „Gerüst“, um Energiemuster zu verstehen und anzusprechen. Um ein Vielfaches treffender, als die Benennung verallgemeinerter Symptome. Diese Energetik zu erfassen – bei Mensch und Pflanze – erlaubt uns ein neues Verständnis von Wohlsein und „Heilung“.

Die zentralen Punkte eines neuen Verständnisses von Wohlsein habe ich in meinem heutigen Beitrag zusammengefasst. Ich entferne mich hier noch weiter von der Idee der „Krankheit“ und der Krankheitsbehandlung, wie sie üblich sind und versuche zu verdeutlichen, wie wir uns am wirksamsten in die Lebensprozesse integrieren können. Gelingt uns dies, sind wir an Leib, Seele und Geist „gesund“.

Was wir „Krankheit“ nennen

Bis auf eine Erkältung vor 4 Jahren war ich in den letzten 8 Jahren kein einziges Mal krank.
Und das „Kranksein“ vor acht Jahren – ich hatte mir nach 20 Jahren vollständiger Unversehrtheit Denguefieber zugezogen – war wohl ein intensiver, in der Tiefe transformierender Abschied von dem Dschungelleben, das ich 16 Jahre lang im Winter genossen hatte. Das Ende einer Lebensphase war erreicht – und in 7 Tagen Fieber und Schmerzen gelang der Sprung in eine neue Phase: Die Phase hier auf Aditi.

So gesehen war ich also seit meiner Kindheit nicht mehr krank.
Überhaupt halte ich die Sichtweise der „Krankheit“ für sehr irreführend – und unseren Umgang mit Unwohl-Zuständen sogar für schädlich.

Wie alles in der Natur befinden wir uns – mit Körper, Geist und Seele – in einem ständigen Wandlungsprozess: Es gibt Phasen, die geprägt sind von Erweiterung, Ideen, Neuem, Leichtigkeit – so daß wir manchmal fürchten, den Bodenkontakt zu verlieren. Wenig später schon finden wir uns in konzentrierter Umsetzung, in Zeiten großer Spannung, Ausrichtung – bis hin zur Verspannung und Schwere.

Der Moment, in dem wir spüren, daß wir in einer dieser natürlichen Phasen „hängengeblieben“ sind, körperlich – etwa durch die Bildung von Stauungen und Geschwüren (Metallelement) oder seelisch in einer sich nicht mehr beruhigenden Unruhe (Feuerelement) – ist der Moment, in dem unser System ins Ungleichgewicht rutscht und wir beginnen, von „Kranksein“ zu sprechen.

Die Ursache ist irrelevant

In unserer kausalistisch gepolten Welt gehen wir noch immer davon aus, daß es eine Ursache für eine Erscheinung gibt. Eine Art Folgerichtigkeit, die wir in „auf A folgt B“ zu definieren suchen. Und so erwarten wir von unserem Arzt für ein Symptom genau ein „Medikament“. Unter einem „Medikament“ verstehen wir dabei ein Mittel, das „das Unwohlsein wegmacht“ ….
Seit den 70er Jahren wird auch in der Medizin diese Sichtweise nach und nach aufgeweicht – aus Symptomen wurden Syndrome definiert, die Ursachen werden immer voluminöser und die Behandlungswege immer diffuser – und damit auch nebenwirkungsträchtiger. Das „Wegmachen“ wurde von reflektierten Medizinern längst als Notlösung erkannt.

Dennoch wird viel Zeit mit der Ursachensuche und mit der Vergangenheit verbracht, um Ungleichgewichte zu verstehen und zu beheben. Das fällt besonders bei Ungleichgewichten auf, die im seelischen Bereich erscheinen. Und doch wissen wir alle, dass unendlich viele Faktoren auf uns einwirken und dass es schlicht unmöglich ist, alle zu erfassen und logisch mit der akuten Erkrankung zu verknüpfen.

Die gute Nachricht ist: Um ein Ungleichgewicht auf körperlicher oder seelischer Ebene heilend zu beantworten, ist es völlig irrelevant, was vorher war oder woher es (vielleicht) kommt !

Das einzige, was uns wirklich darin unterstützt, eine „Krankheit“ zu verstehen, ist eine möglichst unmittelbare Wahrnehmung des IST-Zustandes.

Der Zustand ist einzigartig

Ganz selbstverständlich setzen noch immer viele Heilpraktizierende bei ihren Therapieansätzen Symptom und Mensch gleich. „Bei Hormonschwankungen Mönchspfeffer“ etwa, oder „bei Husten Thymianhonig“. Hier übersehen wir, dass wir – unsere Ganzheit als Köper-Geist-Seele – ein System sind, das sich in steter Veränderung befindet und das lediglich an einem bestimmten (Zeit)punkt an einer von millionen Beobachtungspunkten ein unerwünschtes Symptom zeigt.
Das „Symptom einfach wegzumachen“ missachtet unsere Ganzheit und führt – in der Bewegung des „dagegen“ – zu zahlreichen ungesehenen Reaktionen an anderer Stelle.

Viel hilfreicher ist es, dieses einzigartige Fließgeschehen, das ein Mensch zu einem bestimmten Zeitpunkt darstellt, wahrzunehmen. Es ist einzigartig und es bedarf entsprechend einer einzigartigen Antwort.

Diese Wahrnehmung freilich erfordert, dass wir in der Lage sind, Muster zu erfassen und energetische Qualitäten. Dass wir uns die Mühe machen, die durchaus sinnlich wahrnehmbaren Qualitäten, die gegenwärtig gleichzeitig in einem Menschen wirken, konkret zu erfassen – etwa ob es Stauungen gibt in bestimmten Körperbereichen, ob Hitze- oder Kälteempfindungen vernommen werden und wie der Rhythmus des Organismus verläuft.
Ich habe auf meiner Website einen „Test“ um die passende Pflanze für den gegenwärtigen Zustand zu finden. Er führt durch wenige Fragen, die eine differenzierte Körperwahrnehmung erfordern. Bereits hier tun sich manche Menschen schwer. Doch wie willst Du auf deinen Körper und seine Hilferufe antworten, wenn Du ihn nicht einmal in den einfachsten, physikalischen Eigenschaften wahrnehmen kannst ?

Die gute Nachricht ist: Diese Wahrnehmungsfähigkeit kann vermittelt und geübt werden. Körperwahrnehmung, Konzentration und Unvoreingenommenheit sind die Grundhaltung dafür. … Konzentriere Dich – auf DICH – übe – und gewinne deine Gestaltungsmöglichkeiten zurück !

Eine (1 !) Pflanze bringt in Fluss

In den seltenen Momenten, in denen ich selbst einen „Zustand“ nicht aushalten wollte, bis er durchlebt war – etwa, wenn mich eine depressive Stimmung einholte in einer Zeit, in der ich Leistung bringen musste und wollte – habe ich mich zeit meines Lebens an die Pflanzenwelt gewandt.

Pflanzen wollen und wissen nicht. Sie sind als einzige Erdenwesen in der Lage, aus Licht Materie zu schaffen – ohne auf die Aufnahme bereits „geladener“ Materie angewiesen zu sein. Das gibt ihnen eine Kraft und eine Reinheit, die wie ein enormer Energiestrom wirkt. Und in diesen Energiestrom können wir uns begeben, wenn die eigene Kraft nicht ausreicht, Ungleichgewichte zu überwinden.
Die Präsenz der Pflanze ist in der Lage, unser eigenes System in eine solche Resonanz zu versetzen, dass die gestaute Energie wieder fließen und das körperliche wie geistige Gleichgewicht wieder einstellen.

Dabei macht es durchaus einen Unterschied, ob wir uns in den Resonanzraum einer Eiche oder einer Kamille oder eines Mooses begeben.
Denn auch in der Pflanzenwelt gibt es Eigenarten und Individualität – was wir ja bereits an der optischen Erscheinung leicht vernehmen können.

Wenn ich also in einer therapeutischen Geste auf Pflanzen zugehe und „Heilung“ durch Pflanzenmedizin suche, ist es von Bedeutung, auch das Energiemuster der Pflanze zu begreifen.

Wende ich mich etwa an den Salbei, so finde ich feste, trockene, formgebende, kühlende und zusammenziehende Kräfte vor – also nicht eben geeignet, wenn mein System sich in genau diesen Qualitäten „verfangen“ hat – doch wunderbar für einen Menschen, der in Unruhe und Hitze ist, dessen Energie sich ständig zerstreut, der über Herzrasen, Schlaflosigkeit und Hitzewallungen klagt…

Also auch hier ist das „Wahrnehmen“, die unmittelbare Beobachtung des Energiemusters der Heilpflanze nötig, um einen hilfreichen Impuls ins menschliche System zu geben.
Es versteht sich von selbst, daß „Mischungen“ die Wirkung schwächen und unnötige Verwirrung und Überreizung mit sich bringen.

(in der TCM kamen die aufwändigen Kräutermischungen erst sehr spät in Anwendung. Die ursprüngliche TCM ist eine 1-Pflazen-Medizin).

Lebendigkeit ist Gesundheit ist Balance

Ich würde mich freuen, wenn Du dein Wohlsein jetzt etwas erweitert betrachtest: Dass Du Dich ermutigt fühlst, die unterschiedlichen Qualitäten in Dir wirklich zu beobachten und zu erforschen. Unwohlsein als energetisches Ungleichgewicht zu verstehen, führt uns hin zu einer liebevollen Wahrnehmung von Veränderungsprozessen und erlöst uns vom „Wegmachen“.

Zum Abschluss fasse ich noch einmal die Grundqualitäten der Heilkräuter und ihrer Destillate zusammen:

Die wirkungsvollste Art, die Pflanzen einzusetzen, sind Reindestillate.
Welche Pflanze am besten zu deiner Verfaßtheit paßt, kannst Du in wenigen selbstbeobachtenden Schritten selbst feststellen:
+ ist dein System eher überhitzt oder unterkühlt ?
+ eher feucht oder eher trocken ?
+ eher fest oder eher weich ?
+ energiereich oder energiearm ?

Für die Reindestillate (nicht Rohdrogen) gilt:
+ Schafgarbe, Ysop, Melisse, Salbei und Roter Sonnenhut kühlen — Lavendel, Kamille, Calendula, Fenchel und Thymian wärmen.
+ Schafgarbe, Melisse, Calendula, Lavendel und Fenchel befeuchten und lockern — Kamille, Salbei, Ysop und Roter Sonnenhut trocknen und festigen.
+ Schafgarbe, Melisse, Lavendel und Roter Sonnenhut leiten Energie ab — Ysop, Calendula, Kamille, Fenchel und Salbei führen Energie zu.

Betrachte deine Gesamtverfasstheit. Auf diese Weise findest Du am besten, was Dir gut tut und hilft.
Eine Sammlung von Pflanzen-Profilen und ihren Reindestillaten findest Du hier:

… und wenn Du noch mehr lernen willst zu TCM, der Diagnostik im Pflanzenreich und der Therapie mit den Fünf Elementen, dann komm zu einem der Wochenendkurse.