Urtica dioica – Die Große Brennnessel

Brennnessel

Heute, vier Tage nach Sonnwend, habe ich die blühende Brennnessel geerntet. Die Brennnessel ist in der europäischen Heilkunde ein wichtiges Kraut. Ich hatte schon immer eine Schwäche für diese stolze und doch zarte, magische Schönheit, die so selten wirklich wahrgenommen wird.

Vielleicht finden sich deshalb um die Horste blühender Brennnesseln so unendlich viele Schmetterlinge, die nicht nur Brutplatz und Nahrung bei dieser wundervollen Pflanze finden, sondern sie auch vor unseren Augen feiern und auf ihre Besonderheit hinweisen.

In den nordischen Sagen ist sie die Begleiterin des Donnergottes Thor. Sie wurde als Schutzkraut gegen Blitzeinschläge genutzt und ist bis heute von zentraler Bedeutung in der Volksmedizin, wo sie  zu Entgiftung und Entschlackung im Rahmen von Frühjahrskuren empfohlen wird.

Ganz im Gegensatz zu ihren hauchzarten Blättern und den lichten Blütenrispen ist der kantige Stängel der Urtica, der in  seiner Segmentierung und Festigkeit fast wie Bambus anmutet. Hier finden wir eine Signatur für die mineralischen, aufbauenden und nährenden Eigenschaften der vitaminreichen Pflanze. Der hohe Gehalt an Kieselsäure kommt nicht nur den Menschen zugute, sondern macht sie auch zu einem wertvollen Pflanzenstärkungsmittel als „Brennnesseljauche“.

Ihre hauchzarten, gezahnten Blätter führen präzise zu einer weit ausgreifenden Spitze, tragen bizarre Röhrchen an der Unterseite, die Ameisensäure, Serotonin, Acetylcholin und Histamin freisetzen, wenn sie brechen. (Das „Brennen“ geschieht übrigens nicht mehr, wenn die Blätter getrocknet wurden.) Die letzten drei Stoffe sind auch im menschlichen Körper Neurotransmitter – und hier deutet sich die vielleicht wichtigste Eigenschaft der Brennnessel schon an. Ich komme später darauf zurück.
Wenn wir nicht gleich zurückschrecken vor dem ungewohnten Reiz, so können wir das „Brennen“ als belebendes Bitzeln erfahren, das die Durchblutung anregt und unsere Empfindsamkeit erhöht. Deswegen wird ihr Saft übrigens auch zur Förderung des Haarwachstums eingesetzt: Die Durchblutung der Kopfhaut soll angeregt werden.

Auch die Eigenschaften, die die Deutsche Apothekerzeitung zu Urtica herba (getrocknetem Bernnnnesselkraut) benennt, sprechen dafür, dass diese Pflanze „die Säfte in Bewegung bringt und auswäscht, was belastet“. Hier steht:
 „Blatt- und Krautdroge der Brennnessel (Urticae folium, Urticae herba) sind unter anderem zur unterstützenden Behandlung rheumatischer Beschwerden indiziert. (…) Für Brennnesselblätter-/krautzubereitungen wurden antiphlogistische (entzündungshemmende) Effekte nachgewiesen.(…) Ein weiteres Einsatzgebiet von Brennnesselkraut ist die Durchspülungstherapie bei entzündlichen Erkrankungen der ableitenden Harnwege und zur Vorbeugung von Nierengrieß.(…) Dem hohen Gehalt an Mineralsalzen und Kieselsäure wird speziell die aquaretische (wassertreibende) Wirkung der Droge zugeschrieben.

Urtica dioca, die zweihäusige Brennnessel, ist eines der ganz besonderen Zauberwerke von Mutter Natur in unseren Breitengraden. So darf sie auch im Wild Natural Spirit Sortiment nicht fehlen. Sie hat in meinem Kräutergarten einen ganz eigenen Platz, der geehrt, gepflegt und geliebt wird zwischen all den anderen Heilkräutern. Ich nenne unser handgesammeltes Brennnesselkraut „Merlins Rat“. Merlin ist der sagenumwobene Zauberer aus Avalon zu Zeiten von König Artur (Artus). Ich habe meinem Brennnesselkraut diesen Namen gegeben, weil die Brennnessel bei mir eine deutliche Wahrnehmungssteigerung bewirkt und energetisch über das Dritte Auge in mein System eintritt.
Physiologisch komme ich damit noch einmal zurück auf die Neurotransmitter, die diese Zauberpflanze in ihren Brennhaaren trägt: Das Acetylcholin, das dort unter anderem vorliegt, spielt eine wichtige Rolle bei der Erhöhung der Aufmerksamkeit beim Aufwachen, bei der Aufrechterhaltung von Aufmerksamkeit, beim Lernen und dem Bilden von Erinnerungen. So ist die Brennnessel eine Wächterin an der Schwelle zwischen den verschiedenen Bewusstseinszuständen und hilft uns, zu fokussieren.

Solltest Du unbelastete Plätze in deiner Nähe haben, an denen Du frische Brennnnessel ernten kannst, dann probiere sie auch mal als Gemüse: Ihr Vitamingehalt ist wesentlich höher als der eines Kopfsalates, sie enthält Karotinoide, Kalium, Kalzium, Eisen und Chlorophyll.