Stehen wie ein Baum – oder wie ein Sonnenhut

Kräuteressenz Sonnenhut

Es ist diese Zeit – nicht nur der Herbst… all die Umbrüche und Veränderungen, die in der Welt geschehen, weil mehr und mehr Menschen bereit sind, die Schatten zu sehen. Die Schatten des Menschseins, die schon immer da waren, aber weggearbeitet, weggesext, wegunterhalten wurden. Das geht jetzt nicht mehr (so leicht). Denn alle fragen irgendwie nach dem woher und wohin, nach dem Sinn und nach einem l(e)ichteren Menschsein.

Gut so.
Und gut, daß die Natur mit fallenden Blättern und einkehrender Stille in der Flur uns darin bestärkt, hinzusehen. Nicht nach außen – all die Nachrichten und Schuldigen und Opfer. Nein: der Herbst führt uns zur Essenz zum Ursprung – nach innen. Dort finden wir Antworten auf die Fragen zum Menschsein.

Vielen fällt es schwer, still zu halten, nicht abzulenken, nicht zu betäuben. Wirklich aufkommen zu lassen, was innen ist. Wirklich zu lauschen auf die Widersprüche und Fragen und Abweichungen. Ohne Antwort. Ohne Plan – zunächst.

Das Pendel zwischen Metall- und Wasserenergie

In der TCM wird die Energie des „Innehaltens“ mit dem Metallelement beschrieben und die Bewegung des „Suchens“ mit dem Wasserelement.
In einer Zeit des Wandels und der Umbrüche befinden wir uns in einem permanenten Wechsel zwischen diesen beiden Qualitäten: Der Rückzug nach Innen, der intensive Fokus auf die Fragen „Wie weiter?“ und „Was zählt“ erfordert Konzentration. Die Disziplin, bei sich zu bleiben, statt sich abzulenken und die Stehkraft, der Unsicherheit ins Auge zu sehen, statt sie weg zu argumentieren.
Die Dynamik, die sich hier abzeichnet, entspricht der des Metallelements, das assoziiert ist mit der Lunge und dem Dickdarm; den Organen also, die abscheiden, selektieren und trennen um dann zu Verdichten.

Das Eintauchen in Nichtwissen, Unsicherheit und die Haltung des Fragens wiederum erfordert ein Loslassen. Alles verliert seine Form, seine Klarheit, beginnt zu Fließen – unbestimmt, weich doch in sanfter Bewegung. Diese Tastbewegung, dieses hinein- und durchdringen und die radikale Bereitschaft der Anpassung entspricht der Qualität des Wasserelements. Der gesamte Urogenitalbereich – Fortpflanzung und Ausscheidung – ist in der TCM mit dieser Dynamik verbunden. Etwas vom Selbst wird abgegeben, hineingegeben in den Strudel des Lebens.

Sich zwischen diesen beiden komplementären Zuständen hin und her zu bewegen ist nicht eben die leichteste Übung. Daher ist es gut, daß es in der Pflanzenwelt Wesen gibt, die uns die Bewegung quasi vormachen, unser System anregen, die jeweilige Verfasstheit mit zu vollziehen.

Die Grünen Lehrer

Der Sonnenhut ist dem Wesen nach ein Vorbild, ein weiser Begleiter für die Innenschau, die doch nicht sich verschließt gegen das Umfeld. Sein aufrechtes, strahlkräftiges Wesen erinnert uns an die Klarheit des Raums – des Innenraums ebenso wie des Außenraums. Unter seiner Führung ist es leicht, „in sich zu gehen“ und „bei sich zu bleiben“ – ohne sich abzuschneiden von all den Berührungspunkten.
Ließ hierzu gerne noch einmal das ganze Pflanzenprofil vom Sonnenhut.

Wem die Metallenergie ganz und gar schwer zugänglich ist, wer immer wieder abschweift und Stille und Stillstand schwer aushält, wird einen radikaleren Lehrer im Salbei finden.

Doch wie gelingt von hier die Wandlung ins Fließen ? Wie erschließt sich aus dier inneren Konzentration, aus der Vervollkommnung des Innenraums das Loslassen ?

An der Schwelle zwischen Metall und Wasserenergie steht der Lavendel. Anders als die Schafgarbe (die sich durch Verfeinerung aufhebt) oder der Baldrian (der im die Gefilde des Unbewussten führt) treibt der Lavendel die Form auf die Spitze – und durchbricht sie mit einer atemberaubenden Komplexität. Dieses Wesen vermag uns die eingefrorene Sicht aufzufächern in die zahllosen Dimensionen, die Wirklichkeit tatsächlich enthält. Das Betörende, das diesem wunderbaren Heilkrut zugesprochen wird, liegt letztlich in diesem Aufbrechen des Festen, Verkrampften, Undurchlässigen.

So ist genau diese Pflanze wunderbar geeignet, die Bewegung des Loslassen zu üben, ohne „abzuheben“.
Nicht geeignet ist der Lavendel für Menschen, die ohnehin dazu neigen, Dinge komplizierter zu machen, als sie sind, die zu Verwirrung und Chaos neigen. Hier empfehle ich dann eher die sanfte, tiefe Führung des Baldrian.

Probiere es aus! Mit den Spirits ist es so leicht, das Wesen der Pflanzen zu rufen und ganz unverfälscht zu erfahren.

One thought on “Stehen wie ein Baum – oder wie ein Sonnenhut”

  1. Liebe Evelin,
    dein Artikel hat mich noch einmal an eine Zeit erinnert, die ich genau so erlebt habe. Und genau die Pflanzen haben mich später begleitet, erst der Baldrian mit seinen zarten rosa Blüten, danach der betörende Lavendel und im Anschluss die sonnige Kamille. Dankeschön für diesen wunderbaren Artikel, welcher mir noch einmal Impulse bei meiner Arbeit mit den Spirits in meiner Praxis gibt.
    Herzliche Grüße Kerstin

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