Zeit der Rituale

Die Zeit der Rituale beginnt mit der Tag- und Nachtgleiche.
In den kommenden 91 Tagen wird die Nacht sich ausbreiten. Die Dunkelheit lenkt unsere Aufmerksamkeit weg vom geschäftigen Treiben der Lichtzeit in die feineren Zusammenhänge des Lebens. Um sie vernehmen zu können, brauchen wir Stille, die uns hilft, in die verborgenen Ebenen vorzudringen. Dunkelheit, Kälte und die Reduktion der äußeren Reize helfen uns dabei. Und auch die Praxis des Rituals.

Die Kraft des Rituals

Es schadet nicht, wenn Du ein Räucherbündel einfach so entzündest und Dich an dem angenehmen Duft freust. Es schadet auch nichts, wenn Du eine uralte Ritualformel (Gebet) sagst, einfach um eine feierliche Atmosphäre zu schaffen, auch wenn Du die Worte nicht verstehst.

ES wirkt so oder so – wie eben die Energie, die wir nicht sehen, so oder so wirkt.

Wir können jedoch lernen, die uns umgebende Energie zu „ergreifen“ und auszurichten. Dazu gehören Intention (geistige Klarheit) und Seele (emotionale Einbindung). Mit dieser inneren Haltung ein Ritual auszuführen hat erstaunliche Wirkkraft.  

Rituale sind geordnete Handlungen, deren Ablauf und Inhalt klar bestimmt sind und ausgeführt werden. Sie dienen dazu, Intuition und seelische Öffnung zu fördern. Wir können uns so zeitweilig von rationalen Kontrollmechanismen befreien und zu Gefühlen, Einsichten und Erfahrungen vordringen, die uns sonst verschlossen bleiben. Das ist sehr hilfreich bei Transformationsprozessen, bei denen es ja ganz wesentlich darum geht, alte Denk- und Verhaltensmuster zu durchbrechen, das Unterbewusste zu aktivieren und einen erweiterten Raum zu betreten.

Das bewusst gestaltete und geordnete Ritual stellt sicher, dass Ausgangspunkt und Wirkrichtung im gesamten Verlauf „geankert“ sind und sich im Sinne deines seelischen Anliegens sich entfalten. In der Mystik spricht man von „Elementalen“, die wir formen und im Rahmen eines Rituals entsenden.

Rituale werden kraftvoller mit jeder Wiederholung: Denn sie zeichnen sich auch durch eine wiederkehrende „Bewegung“ in der feinstofflichen Welt aus, deren Kraft sich durch „das Ritual des Rituals“, durch eine strukturelle Beibehaltung des Ritualablaufs, vertieft und verdeutlicht.
Je flüssiger der Vorgang durchgeführt wird – die Grundgebete, die Anordnung, die Bewegungen und Opfergaben – desto weniger Aufmerksamkeit haftet an den äußeren Ritualabläufen, desto mehr Aufmerksamkeit steht für das Geschehen im Feinstofflichen bereit.

Intention und Elementale

Jedes geordnete Ritual ist getragen von einer Intention. Ein Anliegen, eine Handlung, die auch jenseits der körperlichen Geste vollzogen werden soll. Wenn wir diese gedankliche Ausrichhtug und ein hiermit verbundenes, starkes Gefühl im Moment des Rituals vereinen können, dann erschaffen wir Elementale. Das sind Kräfte, die in der Eigenart unserer Intention zu wirken und sich zu manifestieren beginnen. In den alten Lehren ist dabei wichtig zu wissen, dass Elementale immer zu ihren Quellen zurückkehren – in siebenfacher Stärke.

Es gibt fünf klassische Anlässe für ein Ritual:

  • Die Initiation – etwas Neues beginnt
  • Heil- und Schutzritual – etwas Ungeordnetes wird in die heilige Ordnung zurückgeführt
  • Ratsuche  – eine Einsicht wird erbeten
  • Dankbarkeit  – die Mitwirkung feinstofflicher Kräfte an der Schönheit und Fülle des Lebens wird anerkannt
  • Ahnengebet – die Vorausgegangenen werden geehrt

Zu jedem Ritual gehören auch Geschenke. Geschenke an den Ort und seine Wesen, Geschenke an die angesprochenen geistigen Ebenen. Man kann auch von „Opfer“ sprechen. Dieses Wort ist manchmal besser um zu verdeutlichen, dass wir etwas wirklich Kostbares bringen (sollen), etwas, das Hinzugeben uns nicht leicht fällt, etwas, das verdeutlicht, dass wir die Geschehnisse des Rituals wirklich ehren und wertschätzen.

Früher wurden nicht nur Pflanzen, Lebensmittel, Schmuck und andere kostbare Gegenstände geopfert, sondern auch Tiere und Menschen. In heutiger Zeit erscheint das Blutopfer unverständlich, gewalttätig und nahezu pervers. Wir mögen uns heute also damit begnügen, Pflanzen zu opfern, die wir ehrenvoll geerntet und veredelt haben. Die Darreichung geschieht traditionell durch Räucherung. Es lohnt sich, die Räucherrituale unserer Ahnen wieder zu entdecken.

Jede Kultur kannte ganz bestimmte Pflanzen, die besonders geeignet waren für Räucherrituale: Pflanzen, die zum Räuchern verwendet werden, zeichnen sich durch besondere Inhaltstoffe, oft psychotrop, einen charakteristischen Geruch bei der Oxidation und eine unmittelbare Wirkung auf Stimmung und Wahrnehmung der Ritualteilnehmenden aus. Dabei geht es weniger um die biochemische Wirkung der Substanzen auf unseren Körper, sondern viel subtilere Ebenen unserer geistigen und seelischen Verfassung.
Auf meinen Forschungen zu beidem – den Räucherritualen in verschiedenen Kulturen und zur Wechselwirkung zwischen Pflanze und Menschenseele – komme ich Schritt für Schritt, Jahr für Jahr zu spannenden Erkenntnissen.

Die Verbindung zwischen Pflanze und Mensch

Die fünf Ritualanlässe, die ich oben systematisiert habe, spiegeln grundlegende Übergänge in der menschlichen Entwicklung wider. Für diese Entwicklungsstufen und Ritualanlässe gibt es in den Kulturen, die ich bisher untersucht habe (Kelten, Germanen, Natives in Nordamerika, Guanchen und Thai) bestimmte Pflanzen, die das „Thema“ des Rituals verstärken.

Besonderes Augenmerk liegt – wo auch immer ich war – auf der Pflanzenfamilie der Beifußgewächse (Artemisia), die in allen Kulturen eine herausragende Rolle bei Schutz- und Initiationsritualen spielt. Hierzu habe ich ausführlich im Pflanzenprofil zu Artemisia absinthum geschrieben.

Aus diesen Anwendungen und den mit ihnen verbundenen Mythen und Bildern wird eines deutlich: Die “Alten” haben die Pflanzen nicht einfach nur als “Material” betrachtet sondern als Wesenheiten mit Eigenschaften und gar Anliegen.

Ein Ritual fördert eine innere Haltung von Andacht und Verbundenheit. Das Räuchern der Medizinpflanzen macht erlebbar, von welcher Schönheit und Kraft die uns umgebenden Wesen sind. Wenn wir diese einfachen Effekte verbinden mit dem alten Wissen und den Aufbau von Ritualen und die spezifische Wirkung der Pflanzen auf unsere geistige und emotionale Verfassung, können wir neue Räume öffnen.

Die klassischen Smudge Bundles aus Salbei wirken wie energetische Besen. Ähnlich dem orientalischen Weihrauch vertreiben sie die Schattenwesen und trüben Energien, klären den Raum innen wie außen.
Das Räuchern anderer Pflanzen bringt hingegen neue Information in den Raum herein.

Natürlich ist bei den Pflanzenopfern wichtig, dass sie nicht selbst mit fremden Informationen behaftet sind – etwa mit der Information, die schwere Maschinen, lange Transporte, sterile Labore oder gierige Profitabsichten mit sich bringen. Sammle deine Kräuter am besten selbst an unversehrten Orten. Oder nimm die getrockneten Heilpflanzen, die ich aus Aditi weitergeben kann.

Eine einfache Choreografie für ein Ritual

Rituale müssen geplant und vorbereitet werden. Neben den äußeren Voraussetzungen wie Zeit, Ort, Hilfsgegenstände und Ablauf gibt es innere Voraussetzungen, die die Teilnehmenden herstellen, bevor sie in ein Ritual gehen.

Ein Pflanzenopfer erfordert einen guten Grund:
Werde Dir bewusst darüber, mit welcher Bitte Du auf die Pflanzendeva zugehst.

Wenn Du Dein Anliegen selbst nicht ernst nimmst und innerlich ganz darauf ausgerichtet bist, kannst Du auch von der Pflanze keine Klarheit erwarten. Die Pflanze wird Dir lediglich helfen, Deine eigenen Kräfte zu verstärken und Deiner Ausrichtung die nötige Dynamik zu verleihen. Betrachte sie wie eine Meisterin oder wie einen Katalysator. Es ist wichtig,  dass Pflanze, Pflanzenherkunft und ihre Formung als Ritualgegenstand (Bündel) von bester Energie und Qualität sind.

Wähle für das Ritual einen lichten, trockenen und vor allem stillen Ort, am besten in freier Natur. Und am besten ein Ort, an den Du immer wieder kommst, immer wieder Rituale hältst, den Du auflädst mit dieser besonderen Energie und pflegst, wie einen Altar.

1. Bereite den Ort vor: Entzünde eine weiße Kerze, stelle ein Wassergefäß auf, schenke der Erde Tabak, Mehl und roten Wein.

Markiere die Himmelsrichtungen um Dich herum. Wende dich zuerst nach Osten, dann nach Norden, nach Westen und nach Süden und rufe in jeder Position die Schutzgeister des Himmels und dann des Ortes.

2. Nimm dann das Bündel in die Hand und rufe die Deva der Räucherpflanze: „ (…) , ich rufe Dich und bringe ein Opfer. Denn Du bist stark und ich bedarf deiner Unterstützung. Schenke mir Reinheit und Kraft um … (hier formulierst Du deine Frage).“

3. Entzünde das Kräuterbündel mit der Kerze (kein Feuerzeug) am oberen Ende. Warte, bis etwa 1,5cm des Bündels glühen. Blas die restlichen Flammen aus. Der Pflanzen-Rauch strömt in dicken Schwaden. Bewege das rauchende Bündel von oben nach unten, im Uhrzeigersinn um den Körper herum. Wiederhole dabei deine Bitte.

4. Lass den duftenden Rauch auf Dich wirken, nimm Kontakt zum Wesen der Pflanze auf und lausche deinen Eindrücken. Verharre in dieser lauschenden Haltung, bis du ein klares Zeichen dafür hast, dass der Pflanzen-Deva sich verabschiedet hat.

5. Schließe das Ritual ab, indem Du das Bündel mit Sand löscht. Gib das Ritualwasser aus der Schale in die Erde und verwische die Markierungen im Boden. Sorge dafür, dass keine Spur am Ort zurück bleibt. Außer der Kerze, die du nochmals sicherst und nicht löscht, sondern abbrennen lässt. Das Bündel versorgst du in einem weißen Tuch.  Du kannst es noch fünf, sechs weitere Male verwenden.

Anmerkung: Es ist nicht unbedingt erforderlich, dass Du ein Räucherbündel (Smudge Bundle) hast. Es ist genauso gut, wenn Du kleinere Pflanzenteile verglühst. Hierfür verwendest Du eine Feuerfeste Schale, die Du mit Erde und mit glühender Holzkohle befüllst. Die Räucherkohle, die im Handel angeboten wird, ist nicht geeignet für ein Ritual, da sie mit schädlichen Anzündhilfen und Schwefel versetzt ist und die kostbaren Räucherpflanzen verdirbt. Hier musst Du Dir die Mühe machen, Holz wirklich zum Glühen zu bringen und dann die glühenden Holzstücke in das Gefäß legen. Das Glühen des Holzes ist eine weitere Ritualhandlung, die dein Ritual noch reicher macht.

Ich wünsche Dir Freude bei der Erkundung dieser uralten, kraftvollen Praktiken. Ich wünsche Dir liebevolle Begleiter aus der feinstofflichen Welt und gute Pflanzen an der Hand. Ich wünsche Dir Segen und die Erfüllung deiner wohlwollenden, dienenden Intentionen.