Altes Wissen heute nutzen
Rituale – wenn sie nicht als abgestumpfte Wiederholungen übernommener Handlungen durchgeführt werden – sind Momente der Andacht und Rückverbindung.
Durch das Entzünden einer Kerze, durch das Innehalten, durch geistige Verbindung entsteht ein Raum in uns und um uns herum, in dem Kraft und Licht unbegrenzt verfügbar sind.
Ich hatte das Glück, diese Wirkung des Rituals in recht jungen Jahren zu entdecken und dazu zu nutzen, alltägliche Sorgen, das Gehetze in der westlichen Welt und auch meine Neigung zur Grübelei abzustreifen und mich immer wieder mittels Rituale in einen natürlichen, wachen Zustand des Urvertrauens und der Klarheit zu bringen.
Bis mich im Jahr 2009 ein Traum – oder genauer gesagt: ein kanarische Brujo – ins Anagagebirge diktierte und sich ein uralter und wesentlicher Bestandteil der rituellen Kultur offenbarte: Das Opfer.
Das Opfer ist im Rahmen eines Rituals eine Handlung der Hingabe, der Dankbarkeit und Wertschätzung. In jedem christlichen Gottesdienst gibt es in Form der Kollekte ein Geldopfer, in jeder humanitären Aktivität das Opfer der selbstlosen Hilfeleistung, in jedem asiatischen Schrein Naturalien und auch Geldopfer, die die Meditierenden darbringen.
Sie geben etwas hin, das einen Wert für sie hat.
Dass es auch Blutopfer gab und gibt – von den eigenen Kindern bis zu Haustieren – irritierte mich schon immer, und doch ist das Opfern des Kostbarsten, das ein Wesen innehat – das Leben das Blut – von einer unbestreitbaren, archaischen Intensität.
Beim Blut hörte es bei mir immer auf – denn Leben zu beenden – ob das eigene oder das der anderen – ist für mich in einem Zustand der Verbundenheit nicht darstellbar. Leben zu geben und zu nehmen ist in meiner Welt und auch innerhalb der Kulturkreise, aus denen ich mein Wissen und meine Werte schöpfe – ein Akt, der dem Menschen nicht zusteht.
Anders verhält es sich bei Pflanzenopfern:
Hier wird geerntet, was gereift ist und im Absterben begriffen: Blätter, Blüten, Harze werden als Geschenk der Pflanzen gesammelt und verbinden die Sammler auch mit der spezifischen Kraft und Eigenart dieser Pflanze.
Das Pflanzenopfer selbst – als Räuchergabe – dürfte weltweit so alt sein wie das Ritual selbst.
Hier gibt der Meditierende nicht nur etwas, was Wert für ihn hat und was mit Mühe und Achtsamkeit gesucht und aufbereitet wurde, sondern er verbindet sich mit zwei großen Kräften im ätherischen Kosmos:
Er/Sie verbindet sich zum einen mit dem Rauch, dem Äther selbst, der von jeher Mittler zwischen der materiellen und der subtilen Welt war, als Bote in beide Richtungen, als Himmelssäule.
Und zum anderen tritt er/sie in körperlichen und geistigen Kontakt mit dem Wesen der Pflanze, die geopfert und durch das Feuer freigesetzt wird. Dem vedischen Sprachgebrauch folgend sprechen wir hier von „Devas“ oder Pflanzendevas, die so charakteristische Wesenszüge haben, wiePersonen – und doch einer anderen Welt – der Pflanzenwelt – entstammen und uns hier auf Erden auf ihre ganz besondere Art begleiten, nähren und verbinden.
Diese Charaktere differenziert wahrzunehmen, ihre Eigenart und Wirkweise, die sie mit der Verräucherung in Gänze freisetzen, ist eine Kunst und Gabe. Die Kräuterweisen, die es auch in unserer Kultur gab und denen nicht nur das Ritual und die Kommunikation auf subtilen Ebenen sondern auch Heilung und Rat anvertraut waren, finden sich heute nur noch sehr vereinzelt.
Und doch treffen sie – wie in unsere Kulturkreis etwa Wolf-Dieter Storl, Christian Rätsch oder Richard Schultes – auf neues Interesse in der Bevölkerung: Die Kunst, sich in einer rasenden, gewaltvollen und unsicheren Welt absichtsvoll rückzuverbinden mit einer höheren Ordnung, der Feinsinn, in den Pflanzen Mittler zu erkennen und die Zusammenhänge zwischen Mensch/Situation und Pflanzencharakter zu lesen ist von dringender Notwendigkeit für Viele.
Und so wurde auch ich gerufen und eingeweiht, habe auch ich Stunden, Tage und Nächte in den Bergen, Wäldern und Wiesen verbracht, gelauscht, empfangen, gekostet, gesammelt. Mein Ruf entsprang den Sonnenpflanzen – auch ich musste erst verstehen, was mit diesem Begriff gemeint ist – und so habe ich den in drei Kulturen, in denen ich lebe, Spuren zu den kraftvollen Ritualpflanzen gefunden und mich belehren lassen über ihren rituellen Einsatz.
Mit dem Projekt „Wild Natural Spirit ©“ (www.wild-natural-spirit.org ) machte ich die Devas verfügbar und sichtbar für alle, die suchen und wissen wollen und sich nicht zufrieden geben mit industrieller „Ware“ (!), sondern in dem Bewusstsein des Opferns, in der Kunst der Verbindung und in Respekt vor den Pflanzenwesen sich bewegen.
Ab und zu gebe ich Einführungskurse in die Kunst des Pflanzenopfers und die Arten traditioneller Räucherpflanzen. Hier sind die aktuellen Termine.