Die Welt der Düfte
Mein kleiner Ausflug in die Provence zu den traditionellen Kräutermanufakturen und Parfümeuren war eine Zeitreise auf mehreren Ebenen. Grasse, eine kleine französische Stadt am Fuße der Haute Provence, wurde bereits 1580 durch den italienischen Apotheker Francesco Tombarelli zum „Welthauptstadt des Parfums“ im Abendland. Auf den Blumenfeldern der Domaine de Manon wurden von den Parfümspezialisten die Pflanzen für die örtliche Parfümherstellung angebaut.
Heute finden sich hier konventionell bewirtschaftete Felder von Centifoliarose, Jasmin und Tuberose.
Das Fragonard-Museum in Grasse ist beeindruckend mit seiner Sammlung unterschiedlichster Kupferdestillen und Anordnungen, um wertvolle Essenzen aus den provenceialischen Kräutern zu gewinnen.
Heute wird bei den drei großen Parfumherstellern – Gallimard, Fragonard und Mollinard – leider auch nicht mehr in Kupfer destilliert. Doch für mich waren diese „Apparaturen“ in den Museen tief vertraut – stehen sie doch heute in dieser Art auf Aditi und helfen mir dabei, unsere wertvollen Spirits zu produzieren
Doch ich wollte ja nicht nur zur Geschichte der Parfumeure etwas lernen, sondern auch zu der Kunst der „Nasen“, die die kostbarsten (in Geld) Düfte der Welt entwickeln. Das besondere an diesen drei Personen, die „Nase“ genannt werden, allesamt Franzosen und hoch gehandelt, ist, dass sie in der Lage sind, mehr als 3.000 Düfte zu erkennen und zu differenzieren. Der Durchschnittsmensch kann das mit maximal 350 Gerüchen – und das ist dann schon gut ! Also habe ich zwei Seminare zur Parfumherstellung besucht und saß zum ersten mal in meinem Leben vor einer „Duftorgel“.
Ich war etwas enttäuscht über die Qualität der „Essenzen“, mit denen die Profis arbeiten. De facto wird – im besten Fall – mit Lösungen gearbeitet, die zu 90% aus Alkohol bestehen und in denen ätherische Öle gelöst wurden (die Franzosen sprechen von Mazeration, wenn sie die mehrwöchige Vermengung von ätherischen Ölen mit industriellem Ethanol meinen). Meist werden heutzutage jedoch auch Aldehyde (etwa für die Vanillenote), Ketone und Phenole (etwa für Moschusnoten) beigemischt.
Natürlich hatte ich auch Essenzen (also reine ätherische Öle) von Aditi im Gepäck – Lavendel, Thymian, Krauseminze und Rose. Diese wollte ich für „mein Parfum“ einsetzen – und vielleicht auch ansässige Duftexperten damit „beglücken“. Doch mir wurde gleich gesagt, dass das verboten ist und ich nur mit den bereitgestellten Essenzen arbeiten dürfe…
Nun denn, ich habe mir die Freude nicht nehmen lassen und die Duftorgel einmal komplett durchgeschnuppert – mit zwei dringend notwendigen Frischluftpausen 🙂 – um dann die mir liebsten Basis-, Herz- und Kopfnoten zusammenzufügen. Dafür, dass ich seit über 20 Jahren kein Parfum mehr benutze, gefällt mir das Ergebnis ganz gut. Wenigstens ist es eine Erinnerung an diese schöne Forschungsreise.
Doch ganz ehrlich: Ein Hauch von Aditis Ysop-Destillat, oder der sanft-frische Duft der Gallicarose fühlen sich für mich wesentlich angenehmer an, verbinden, statt zu übertünchen, pulsieren lebendig. Es wird Zeit, dass Reinheit und beseelte Qualität auch von den Parfumeueren wiederentdeckt werden. Dann haben sie sich solch kostbare Verpackungen, wie ich sie im Fragonard-Museum bewundern durfte, auch wieder verdient.
Das laute Zirpen der Grillen, die Zypressen und der Duft von wildem Thymian, die unglaubliche Lässigkeit der Franzosen… All dies liegt mir im Blut. Die Kreativität der früheren Kräuterdestillateure hat mich tief beeindruckt. Und ganz nebenbei gab es tiefe Begegnung, Herzensgespräche und ein Eintauchen in die Welt unter der Erde. Zurück auf Aditi empfängt mich der blühende Sonnenhut und die unverwüstliche Luzerne.