Die Rose – eine Ode an unseren Körper
Heute ist mir danach, noch einmal über die Kraft der Rose zu schreiben. (Das ausführliche Pflanzenprofil zur Rosa Gallica findest Du hier). Die Rose aktiviert die Körperwahrnehmung.
2023 war und ist ein ausgesprochenes Rosenjahr: Mit unglaublicher Fülle und über viele Wochen haben die Rosen in diesem Jahr geblüht. Ein Jahr, in dem viele andere Pflanzen eingebrochen sind unter den rasanten und extremen Temperaturwechseln und den unausgewogenen Verhältnissen zwischen Regen und Dürre.
Uns Menschen ging es oft nicht besser: So viele Krisen und existentielle Fragen in den Leben der Einzelnen, so viele Entsetzlichkeiten im Weltgeschehen… Viele von uns hatten wirklich zu schaffen mit diesen Monaten. Und da ist es ein Segen, einer Begleiterin wie der Rose zu begegnen.
Die Rosen verströmten ihren sinnlichen Duft und strahlten in größter Schönheit in all dem.
Auch unsere Rosenernte – von der originalen, europäischen Duftrose „Rosa Gallica“ – war Fülle pur. Über vierzig Kilo Blüten konnte ich für die diesjährige Destillation sammeln – entsprechend intensiv ist das Destillat des Jahrgangs 2023.
Nun bin ich ja gesegnet dadurch, daß ich nicht nur beim Anbau und bei der Ernte sondern auch bei der Destillation in ganz unmittelbarem Kontakt mit dieser besonderen Deva bin. Und neben der berauschenden Sinnlichkeit, mit der sie alles Feste weich macht, mit der sie alles Verschlossene aufschließt, habe ich in diesem Jahr besonders ihr Einwirken auf den Körper vernommen.
In den letzten Jahrzehnten galt die Aufmerksamkeit vieler Menschen der kognitiven und der seelischen Entwicklung. Und das war gut so, denn diese dem Äther- und Astralleib zugeordneten Ebenen bilden die Brücke in ein erweitertes Menschsein. Doch unbedingt sind diese Ebenen verwoben mit unserem physischen Körper, der weit mehr ist als Gefäß oder Träger der feinstofflichen Aspekte.
Wenn Du einmal in die naturwissenschaftlichen Bemühungen, den Körper, den Bios zu ergründen und zu beschreiben, eintauchst – etwa in die Komplexität des Nervensystems – so wird Dir bei aller Einsilbigkeit der modernen Naturwissenschaften leicht deutlich, was für ein magisches Gewebe unser Körper ist. Oder auch diejenigen unter uns, die eine körperliche Praxis über längere Zeit Pflegen – etwa Tai Chi, Qi Gong, Yoga oder Tensegrity – wissen, wie sich der Unterschied zwischen einem „benutzten“ und einem „aktivierten“ Körper anfühlt. Die Verankerung all unserer Gaben und Kräfte in der dreidimensionalen Welt geschieht über den Körper. Er enthält eine Magie, die der Wandlungskraft der Pflanzen sehr nahe kommt. Und diese Magie, diese Heiligkeit spricht die Rose an, indem sie die Sinne berührt und belebt und das Körperbewusstsein in ihrer besonderen Weise lichtet.
Bereits beim Sammeln der Blüten bin ich durch die unbeschreibliche Weichheit der Blütenblätter oft verleitet, eines der magentafarbenen Blätter über meine Lippen zu streichen, es auf meine Zunge zu legen.
Werden die Rosenblüten zu Tee in meiner Sonnendarre, dann finde ich auf den Sieben unzählige magentafarbene Herzen. Ja: Die Blütenblätter der Gallica haben eine ganz deutliche Herzform…
Und wenn ich dann mit beiden Händen in die duftenden Blütenkörbe greife, und die Rosen in den Destillationskessel fülle, sind alle Sinne so belebt und von Freude durchdrungen, dass ich mitunter vergesse, die technischen Daten für die Destillation ordentlich aufzunehmen. Lebensenergie, Fülle und Weichheit durchströmen den ganzen Körper, der eingehüllt zu sein scheint in diesen himmlischen Duft.
Beim ersten Tropfen des Rosenwassers aus der Destille, verdichtet und erhöht zwischen Feuer und Wasser, haben Schmerz und Trauer, Furcht und Sorge keinen Raum mehr. Die Essenz des Schönen, des Sinnlichen und Körperlichen wird offenbar – und mein ganzes Sein ist in Resonanz mit dieser Rose. Dort, wo die Vertikale und die Horizontale sich im Körper begegnen – im Herzen, wird es weit und licht. Über den Körper, ganz unmittelbar – ohne den „Umweg“ der Imagination oder Meditation. Was wäre ich ohne diesen Körper ? Was wäre unsere Begegnung ohne diesen Körper ?
Freilich, die nach TCM (Traditionelle Chinesische Medizin) dem Körperlichen, der Struktur und der Leiblichkeit zugeordneten Pflanzen in meinem Garten – Kamille, Ringelblume, Fenchel (Erdelement) sowie Salbei und Sonnenhut (Metallelement) – fördern auch die Körper- und Eigenraumwahrnehmung. Doch hier haben wir es mit sehr kraftvollen Heilpflanzen zu tun, die eine Verdichtung, Ankerung, Begreznung in Geist und Körper stimulieren.
Die Rose ist von anderer Art – weniger hat sie eine klar gerichtete Wirkung, vielmehr „überkommt“ sie uns mit ihrer unvergleichlichen Eigenart:
Die Fingerspitzen sind warm und empfindsam, der Bauch ist weich, Gesicht und Augen entspannt und offen, die Fußsohlen haben einen vibrierenden Kontakt zum Erdboden, das Haar ist spürbar bis in die Spitzen.
Es ist ein so herrliches Gefühl !
Und heute, da ich meine aktuelle Erfahrung mit der Rose für Dich in Worte fasse, erinnere ich mich an ein Zitat, das so genau dieses Zentrum setzt, das Zentrum des Lebendigen und wahren.
So gebe ich es Dir heute noch mit in diesen Beitrag – zusammen mit dem glühenden Magenta und dem vielschichtigen Duft, zusammen mit der Weichheit der Blütenblätter und der Festigkeit von Zweigen und Dornen:
Wenn ich mit Menschen- und mit Engelzungen redete und hätte der Liebe nicht, so wäre ich ein tönendes Erz oder eine klingende Schelle.
Hohelied der Liebe, 1. Korinther 13
Und wenn ich prophetisch reden könnte und wüsste alle Geheimnisse und alle Erkenntnis und hätte allen Glauben, sodass ich Berge versetzen könnte, und hätte der Liebe nicht, so wäre ich nichts.
Und wenn ich alle meine Habe den Armen gäbe und meinen Leib dahingäbe, mich zu rühmen, und hätte der Liebe nicht, so wäre mir’s nichts nütze.
Die Liebe ist langmütig und freundlich, die Liebe eifert nicht, die Liebe treibt nicht Mutwillen, sie bläht sich nicht auf, sie verhält sich nicht ungehörig, sie sucht nicht das Ihre, sie lässt sich nicht erbittern, sie rechnet das Böse nicht zu, sie freut sich nicht über die Ungerechtigkeit, sie freut sich aber an der Wahrheit; sie erträgt alles, sie glaubt alles, sie hofft alles, sie duldet alles.
Die Liebe höret nimmer auf, wo doch das prophetische Reden aufhören wird und das Zungenreden aufhören wird und die Erkenntnis aufhören wird.
Denn unser Wissen ist Stückwerk und unser prophetisches Reden ist Stückwerk. Wenn aber kommen wird das Vollkommene, so wird das Stückwerk aufhören.
Als ich ein Kind war, da redete ich wie ein Kind und dachte wie ein Kind und war klug wie ein Kind; als ich aber reif wurde, tat ich ab, was kindlich war.
Wir sehen jetzt durch einen Spiegel in einem dunklen Bild; dann aber von Angesicht zu Angesicht. Jetzt erkenne ich stückweise; dann aber werde ich erkennen, gleichwie ich erkannt bin.
Nun aber bleiben Glaube, Hoffnung, Liebe, diese drei; aber die Liebe ist die größte unter ihnen.