Mentha Spicata – Die Speer-Minze
Ich sehe die leuchten weißen Spitzen schon von weitem, wenn ich den Minzegarten betrete. Vorbei an der charmanten Krauseminze, an einer gigantischen Duftwolke der Wasserminze hin zu den fröhlichen, aufrechten Kerlchen in der Mitte des Gartens: Da steht sie, die Speer-Minze, oder besser gesagt DER Spearmint. In seiner ganzen Erscheinung ein Windkind, ein Schlawiner und Witzbold.
So manches mal hat er uns in der Hitze der Ernte den besten Kaugummi der Welt beschert: ein einziges der winzigen, rauhen Blättchen läßt jeden Wrigley erblassen – das unverkennbar sanft süße, frische Aroma des Spearmint hebt Kraft und Gemüt !
Als mein Freund Gregor mir 2019 4, 5 Ableger von seinem Spearmint brachte und wir ihn an die Grenze zur Pfefferminze setzten, hatte ich nicht vor, einen echten „Spirit“ aus ihm zu machen. Vielmehr war seine fröhliche Leichtigkeit eine wunderbare Abrundung der kleinen Schleheninsel auf Aditi, in die ich meinen Minze- und Melissengarten pflanzte. Deswegen habe ich ihn bei den Pflanzenprofilen bisher auch nicht erwähnt.
Doch letztes Jahr wie dieses Jahr hat er mich so angestrahlt und sich in seinem Blühen und Duften und Gedeihen so verausgabt, daß ich nicht anders konnte, als ihn endlich zu ernten und mit ihm einen neuen Spirit-Tee zu kreieren.
Gestern habe ich ihn aus der Darre geholt, heute wurde er zu Tee gepackt.
Wer ist dieses zarte Wesen, daß trotz seiner – für eine Minze: schmächtigen – Statur eine solche Fröhlichkeit vermittelt ?
Er steht gerade „wie eine eins“, auch seine gegenständigen Ästchen sind ganz gerade. Jedes Ästchen trägt einen langen Blütenquirl, ganz zart, gesäumt von winzigen, weißen Blütchen. So kündet bereits seine Gestalt von seinem Charakter: angstfrei, neugierig, aufrecht doch sehr fein begegnet er der Welt und auch mir, wenn ich ihn besuche oder einnehme.
Seine festen, fast starren, grasgrünen Blättchen sind stark gerieft. Das läßt sie – im Unterschied zu den anderen Minzen – ein wenig wie Melissenblätter aussehen, und das nutzt er, um sich über das eigene Beet hinaus bis tief in die Melisse auszudehnen. Er ist vor der Blüte dann eigentlich nur noch durch sein kräftiges Grün unterscheidbar.
Diese Übergriffigkeit, die allen Minzen zueigen ist, macht in nach den Regeln der TCM auch zu einem Wesen der Windenergie: Gestautes kommt in Bewegung, Abgesunkenes wird hinauf gehoben, Galle, Blase, Sehnen und Augen sprechen im Körper als erste an.
Biochemisch betrachtet ist der Spearmint besonders reich an Carvon, dessen Haupteigenschaft die Keim- und Entzündungshemmung ist. Zudem gibt es mittlerweile einige Studien darüber, daß Carvone regulierend auf die menschlichen Geschlechtshormone wirken.
Auch Limonen und Cineol sind im Spearmint reich vertreten. Sie sind für das frisch-zitronige Aroma verantwortlich.
Es gibt Studien zum Spearmint, in denen nachgewiesen wurde, daß er die Aufmerksamkeit erhöht. Die getrockneten Spitzen und Blätter werden medizinisch als Stimulanzien sowie als windtreibendes und nervenstärkendes Mittel angewendet. In den letzten Jahren wurde die Wirkung der Mentha spicata von Forschern näher untersucht und Hinweise auf positive Effekte im neurologischen Bereich gesammelt.Zurückgeführt werden diese Effekte auf die entzündungshemmende, antimikrobielle und sedative Wirkung der Pflanze und der Zubereitungen daraus.
Kein Wunder, daß wir in den heißen Sommertagen doch immer einen Schlenker zum Minzegarten gemacht haben, um uns eines dieser köstlichen Blättchen zu holen… Tatsächlich waren wir danach wieder erfrischt und konzentriert bei der Arbeit.
Der süße Geschmack des Spearmints kommt übrigens daher, daß sie kaum Menthol enthält.
Er ist ein naher Verwandter – eigentlich der Großvater – meine Krauseminze (mentha spicata crispa), die ja ebenfalls etwas Verspieltes und Verwegenes an sich hat und ganz frei von Menthol ist.
Eben habe ich die getrockneten Rispen aus der Darre geholt und zu Tee verpackt. Der so herrliche, sanfte und doch charakteristische Duft klebt mir noch an den Händen und ich fühle mich leicht und inspiriert. Ein Glück, daß ich ihn geerntet habe. Was für eine köstliche Kostbarkeit !
Zum Destillieren reicht die Menge allerdings noch nicht (da brauche ich 15 Kilo mindestens … !) Ich werde das Spearmintbeet vergrößern, im Herbst. Dann werden wir im kommenden Jahr auch das Reindestillat machen – das wird ein Fest !
Fürs erste darfst Du nun den Spearmint-Tee genießen. Es ist eine kleine Charge geworden – aber wenn er für Dich passend ist, wirst Du schon noch ein Päckchen bekommen.
Hab Freude damit !